Warum sollte jemand alleine in ein vom Krieg zerrüttetes Land reisen?
Seit 2022 haben Hunderte Alleinreisende – aus Berlin, Toronto, Tokio und darüber hinaus – heimlich die Grenze in die Ukraine überquert. Nicht als Journalisten. Nicht als Entwicklungshelfer. Aber als neugierige, eigenmotivierte Entdecker. Backpacker der anderen Art.
Wir haben mit fünf von ihnen gesprochen, um zu verstehen, was sie hierher gebracht hat – und was sie vorgefunden haben.
🎒 Lucas (27, Deutschland): „Ich wollte die Wahrheit mit eigenen Augen sehen“
Lucas kam im März 2023 mit dem Zug aus Przemyśl in Kiew an.
„Ich hatte es satt, gefilterte Schlagzeilen zu lesen. Ich wollte sehen, wie Krieg aussieht – und wie die Menschen noch leben“, sagt er.
Er besuchte die Gedenkmauer in der Nähe des Mykhailivska-Platzes, besichtigte Irpin und verbrachte eine Nacht in einer Herberge unter Ausgangssperre. „Es war keine typische Reise, aber ich habe mich noch nie so mit einem Ort verbunden gefühlt. Die Ukrainer waren unglaublich offen.“
🎧 Anika (31, Kanada): „Ich bin wegen der Musik gekommen – geblieben wegen der Menschen“
Anika, eine Klangkünstlerin, kam auf der Suche nach Feldaufnahmen in die Ukraine.
Sie besuchte Charkiw und Saporischschja und nahm Straßengeräusche, Sirenen und Stille auf.
„Eines Nachts saß ich in einem Unterstand und hörte einem Mann zu, der Bandura spielte. Es war eindringlich. Allein dieser Moment war die Reise wert.“
Einen Teil der Einnahmen aus ihrem Projekt spendete sie später für lokale Wiederaufbaubemühungen.
📷 Kenji (36, Japan): „Ich dokumentiere das Überleben“
Kenji ist ein Straßenfotograf, der 2024 mit dem Rucksack durch die Ukraine gereist ist.
„Ich fotografiere keine Soldaten. Ich fotografiere Bäcker, die ohne Strom arbeiten. Kinder, die Sonnenblumen auf Ruinen malen. Das sind Porträts stillen Heldentums.“
Er reiste allein von Lviv nach Dnipro und veröffentlichte seine Arbeit in einem Online-Magazin mit dem Titel Widerstandsfähigkeit.

💬 Warum tun sie das?
Für manche ist es eine persönliche Verbindung – Familiengeschichte, kulturelle Neugier oder sogar Schuld. Für andere ist es ein Akt der Solidarität oder des Bezeugens.
Und viele sind sich einig: Allein zu reisen ermöglicht direktere Gespräche, weniger Ablenkung und tiefere emotionale Erfahrungen.
⚠️ Ist Rucksacktourismus in der Ukraine sicher?
Nicht überall.
Diese Reisenden folgten grundlegenden Prinzipien:
Übernachtet in zentralen/westlichen Gebieten oder mit vertrauenswürdigen Führern im Osten
Bei ihren Botschaften registriert
Respektieren Sie lokale Regeln und Ausgangssperren
Sperrzonen und Frontbereiche meiden
Flexibel gereist (und mit Powerbanks als Backup)
Die Ukraine ist nichts für Nervenkitzel-Suchende – sie ist für diejenigen, die bereit sind, zuzuhören, zu fühlen und nachzudenken.
🌍 Das neue Gesicht des Reisens
Dies ist kein „Dark Tourism“. Es handelt sich um zielgerichtetes, oft emotional aufgeladenes Reisen, das auf menschlicher Verbundenheit beruht. Diese Rucksacktouristen kehren verändert zurück.
Und viele sagen, sie werden wiederkommen – nicht wegen der Fotos, sondern wegen der Freunde.
📌 Möchten Sie in ihre Fußstapfen treten?
Wir können Ihnen dabei helfen, sichere Alleinreiserouten, lokale Gastgeber und Reiseführer zu finden, die sowohl die Risiken als auch den Grund Ihres Hierseins verstehen.
